Sauerstoffsättigung

Synonyme und Abkürzungen: O2-Sättigung, sO2, Blutsauerstoffsättigung

Die Sauerstoffsättigung (sO2) gibt den prozentualen Sauerstoffgehalt im Blut an. Sie gibt unter anderem Aufschluss über die Funktionsfähigkeit der Lunge und über die Effektivität des Sauerstofftransportes im Blut. Die Sauerstoffsättigung lässt sich entweder außerhalb des Körpers beispielsweise über die Pulsoxymetrie oder invasiv mithilfe einer Blutgasanalyse bestimmen.

Überblick

Einheit % (Prozent)
Normalwerte 95-99% (SaO2) bzw. 73% (SvO2)
Messmethoden Pulsoxymetrie
Blutgasanalyse (BGA)
Messorte Pulsoxymetrie: Finger, Ohr, Ferse (Neugeborene)
Blutgasanalyse: Blut
Aussagen über die Gesundheit u.a.
Funktion der Lunge
aktuelle Durchblutung
Sauerstoffaufnahme und Stoffwechselaktivität des Gewebes
Herzzeitvolumen

Definition: Was ist die Sauerstoffsättigung?

Die Sauerstoffsättigung beschreibt, wie viel Prozent des Hämoglobins (Hb) mit Sauerstoffmolekülen beladen ist.1 Der über die Lunge eingeatmete Sauerstoff wird vom Hämoglobin aufgenommen und über den Blutkreislauf ins Gewebe transportiert. Dort werden die geladenen Sauerstoffmoleküle an die Zellen freigegeben.

Es werden folgende Arten der Sauerstoffsättigung im Blut unterschieden:

  • sO2 – Sauerstoffsättigung allgemein
  • SaO2 – arterielle Sauerstoffsättigung
  • SpO2 – pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung
  • SvO2 – venöse Sauerstoffsättigung
  • SzvO2 – zentralvenöse Sauerstoffsättigung
  • S⊽O2 – gemischt-venöse Sauerstoffsättigung
Vereinfachte Darstellung des Austauschs von Sauerstoff aus der Lunge ins Blut.

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Sauerstoffaustauschs von der Lunge ins Blut.

Exkurs: Hämoglobin2 3

Das Hämoglobin (Hb) ist ein aus vier Untereinheiten zusammengesetztes Protein. Die wichtigste Funktion des Hämoglobins ist der Sauerstofftransport im Blut. Überwiegend ist es in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zu finden. In geringen Mengen befindet es sich auch im Plasma als freies Hb, gebunden an Haptoglobin.

Der Sauerstoff wird vom Hämoglobin in den kleinen Lungengefäßen aus der Atemluft aufgenommen, durch den Blutkreislauf in den gesamten Körper transportiert und an die Zellen im Gewebe abgegeben. Das mit Sauerstoff beladene Hämoglobin wird als Oxyhämoglobin bezeichnet. Wenn es alle O2-Moleküle freigesetzt hat, wird es als Desoxyhämoglobin bezeichnet. In seiner entladenen Form kann es Kohlenstoffdioxid aufnehmen und an die Lungengefäße zurücktransportieren. Dort wird das CO2 freigesetzt und wieder ausgeatmet.

Vereinfachte Darstellung der Be- und Entladung eines Hämoglobins mit Sauerstoff.

Abb. 2: Vereinfachte Darstellung der Be- und Entladung eines Hämoglobins mit Sauerstoff.

Je nach Beladungs- bzw. Bindungszustand werden verschiedene Hämoglobinvarianten unterschieden:

  • Oxygeniertes Hämoglobin (Oxyhämoglobin – OHb): Sauerstoffgebundenes Hämoglobin (hellrot).
  • Desoxygeniertes Hämoglobin (Desoxyhämoglobin – HHb): Hämoglobin ohne gebundenen Sauerstoff (dunkelrot/violett).
  • Carboxyhämoglobin (HbCO): Kohlenstoffmonoxid (CO) lagert sich an die Sauerstoffbindungsstelle des Häm an.
  • Carbaminohämoglobin: Kohlenstoffdioxid (CO2) bindet an das N-terminale Ende der Globinketten an.
  • Glykohämoglobin (HbA1c): Bindung von Glukose (Zucker) an das Hämoglobin.
  • Methämoglobin (MetHb): Oxidation des zweiwertigen Eisens der Hämgruppe (Fe2+) zu dreiwertigem Eisen (Fe3+) (keine Bindung von Sauerstoff mehr möglich).

Sauerstoffsättigung: Normalwerte und Abweichungen

Abstufung der Sauerstoffsättigungswerte tabellarisch

Abb. 3: Abstufung der Sauerstoffsättigungswerte tabellarisch

Bei einem gesunden Erwachsenen liegt die normale arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) bei 95-99%. Bei der venösen Messung (SvO2) ü­ber eine Blutgasanalyse liegt der Normalwert der Sauerstoffsättigung bei ca. 73%.4

Die Normwerte im Überblick:5

Pulsoxymetrie:

  • Sauerstoffsättigung (SaO2 bzw. SpO2): 95-99%
    (für die Erreichung einer pulsoxymetrisch gemessenen Sauerstoffsättigung von ca. 98%, ist ein Sauerstoffpartialdruck von ca. 100 mmHg nötig)

Arterielle Blutgasanalyse (BGA):

  • pO2: 65-100 mmHg (9,5-13,9 kPa; altersabhängig)
  • pCO2: 32-45 mmHg (4,6-6,1 kPa; altersunabhängig)
  • pH: 7,35-7,45
  • HCO3−: 22-26 mmol/L
  • Base Excess: -2 bis +2 mmol/L (bzw. abhängig von der Messmethode auch ±3 mmol/L).
  • Osmolalität: 285-295 mOsm/kg H2O)

Die Sauerstoffsättigung wird nicht direkt durch das Alter oder Geschlecht beeinflusst. Der Sauerstoffpartialdruck dagegen ist vom Alter abhängig. So nimmt der Partialdruck mit zunehmendem Alter ab.6

Sauerstoffsättigung erhöht / zu hoch

Eine geringfügige Erhöhung der Blutsauerstoffsättigung kann durch sehr schnelles, tiefes Ein- und Ausatmen (Hyperventilation) erreicht werden. Dabei verringert sich gleichzeitig der Kohlendioxidgehalt (CO2).7

Daneben kann die Sauerstoffsättigung auch während einer Sauerstofftherapie erhöht sein. Liegt allerdings bereits eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff im Blut vor, kann die zusätzliche Zugabe von O2 das Risiko für Lungenversagen, Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Organversagen erhöhen. Zu viel Sauerstoff ist für den Körper giftig und kann in der Lunge, im Herz-Kreislauf- und Nervensystem Entzündungen, oxidativen Stress oder eine Verengung der Blutgefäße herbeiführen. Nach Angaben einer Metastudie8 (2018) hat die zusätzliche Sauerstoffgabe bereits ab einem Ausgangswert von 94-96% schädliche Auswirkungen. So steigt den Studienergebnissen zufolge mit zunehmender Sauerstoffsättigung das Sterberisiko der Patienten stetig an.9

Sauerstoffsättigung zu niedrig

Ist die Sauerstoffsättigung zu niedrig spricht man entweder von Hypoxämie oder Hypoxie. Eine Hypoxämie liegt vor, wenn der Sauerstoffgehalt im arteriellen Blut verringert ist.10 Bei einer Hypoxie handelt es sich um eine Sauerstoffmangelversorgung im Gesamtorganismus oder in bestimmten Geweben. Symptome können u.a. Angst und Un­ruhe, Dys­p­noe (Luftnot, Atemnot), Tachy­kardie und Blut­druc­k­an­stieg sein.11

Es werden folgende Abstufungen der Hypoxämie vorgenommen:12

Pulsoxymetrie:

  • Mäßige Hypoxämie (SaO2 = 90–94%, paO2 ca. 80 mmHg)
  • Mittelgradige Hypoxämie (SaO2 = 85–89%, paO2 ca. 60 mmHg)
  • Hochgradige Hypoxämie (SaO2 unter 85%, paO2 unter 50 mmHg)

Arterielle Blutgasanalyse:

  • Hypoxämische respiratorische Insuffizienz: Verminderter Sauerstoffpartialdruck (pO2).
  • Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz: Verminderter Sauerstoffpartialdruck (pO2) und erhöhter Kohlendioxidpartialdruck (pCO2).
  • Latente respiratorische Insuffizienz: Verminderter Sauerstoffpartialdruck (pO2) unter Belastung.

Es werden folgende Formen der Hypoxie unterschieden:13

  • Hypoxä­mi­sche Hypoxie: Sauerstoffpartialdruck (pO2) im arteriellen Blut ist zu niedrig.
  • Anä­mi­sche Hypoxie: O2-Transport­kapazität des Bluts ist herabgesetzt (bspw. aufgrund Ver­minderung des Hä­mo­globin­gehalts oder Beeinträch­tigung des O2-Bindungs­vermö­gens).
  • Ischä­mi­sche oder zirkulato­ri­sche Hypoxie (Sta­gnati­ons­hypoxie): Gewebe­perfusi­on ist beeinträchtigt (bspw. in­folge von Herzin­suffizienz, Blut­ge­fäß­verschluss).
  • Zytotoxische Hypoxie: Zell­at­mung ist durch Gifte blockiert.

Die Ursachen für eine zu niedrige Sauerstoffsättigung sind vielfältig: So können verschiedene Lungenerkrankungen dazu führen, dass zu wenig Sauerstoff die Lungenalveolen erreicht (Ventilationsstörung). Auch Diffusionsstörungen sind möglich, bei denen der Gasaustausch zwischen Alveolen und Kapillaren gestört ist. Daneben sorgen Erkrankungen des Blutes wie z.B. Anämien oder Blutbildungsstörungen für eine Beeinträchtigung des Sauerstofftransports. Herz-Kreislauferkrankungen wie z.B. eine Herzinsuffizienz sorgen durch Gefäßverschlüsse für eine unzureichende Sauerstoffversorgung der Organe. Neben Erkrankungen können auch Umweltfaktoren wie extreme Höhenlagen zu einer Abnahme der Sauerstoffsättigung im Blut führen. Vergiftungen durch z.B. Medikamente, Drogen oder Kohlenstoffmonoxid führen ebenfalls zu einer Abnahme der Sauerstoffsättigung.14

Silent Hypoxemia / Happy Hypoxemia

Eine besondere Form der Hypoxämie ist insbesondere in Zusammenhang mit COVID-19 aufgetreten: Viele Patienten zeigen trotz schwerer Hypoxämie mit Sauerstoffsättigungswerten bis unter 70% keine Anzeichen für Luftnot oder beschleunigte Atmung. Gefährlich ist diese Form der Hypoxämie vor allem, da trotz fehlender Symptomatik die Dekompensierung der Lunge schnell voranschreitet und somit für die Patienten lebensbedrohlich wird.15 16

Was sagt die Sauerstoffsättigung über die Gesundheit aus?

Die Messung der Sauerstoffsättigung gibt Rückschlüsse auf die Funktion der Lunge. Durch die Bestimmung der Sättigung des venösen Blutes lässt sich die Durchblutung, Sauerstoffaufnahme sowie Stoffwechselaktivität des Gewebes beurteilen. Die periphere Sauerstoffsättigung wird zudem zur Berechnung des arteriellen Sauerstoffgehaltes (CaO2) verwendet.17

Häufig wird die Blutsauerstoffsättigung auch zur kontinuierlichen Überwachung von Patienten gemessen, die sich während einer Operation in Narkose befinden oder intensivmedizinisch betreut werden. Für die Intensivmedizin ist vor allem die gemischtvenöse bzw. die zentralvenöse Sauerstoffsättigung wichtig, da diese Rückschlüsse auf das Herzzeitvolumen ermöglicht.18

In der Notfallmedizin dient die Messung der Blutsauerstoffsättigung dazu einen Eindruck über den Sauerstoffgehalt und Atemgashaushalt des Patienten zu erhalten.

Daneben wird die Sauerstoffsättigung zur Verlaufskontrolle bei chronischen Lungenerkrankungen wie etwa Asthma oder COPD gemessen.19

Wann misst man die Sauerstoffsättigung?20 21

In folgenden Fällen, bspw. bei Auftreten bestimmter Symptome oder für verschiedene Untersuchungen, ist die Messung der Sauerstoffsättigung aus medizinischer Sicht sinnvoll.

Überblick: Indikationen zur Messung der Sauerstoffsättigung:

Pulsoxymetrie

  • Atem-Monitoring
  • (Schnelle) Überprüfung der Sauerstoffversorgung

Blutgasanalyse

  • Früherkennung von Herz-Kreislauf- oder Lungen-Erkrankungen
  • Gastrointestinale Erkrankungen
  • Hämoglobinbestimmung
  • Hyperkaliä­mie und Hypokaliä­mie
  • Hyperventilation
  • Kontrolle des pH-Werts
  • Kontrolle einer Beatmungstherapie
  • Nieren­versagen
  • Präoperative Diagnostik
  • Sepsis, Schock, Kreislau­finsuffizienz
  • Ü­ber­wa­chung des Kindes un­ter der Geburt
  • Überwachung von Patienten in der Intensiv- und Notfallmedizin
  • Un­kla­res Koma
  • Verdacht auf Hyperkapnie
  • Ver­laufs­kontrolle bei Stoffwechse­lent­glei­sun­gen
  • Verlaufskontrolle chronischer Lungenerkrankungen

Exkurs: Sauerstoffbindungskurve22

Der Sauerstoffpartialdruck ist der Druck, den der gasförmige Sauerstoff im Blut ausübt und wird entweder in Kilopascal (kPa) oder Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) gemessen. Dabei gilt: Je höher der Sauerstoffpartialdruck (pO2) im Blut, desto höher ist die Sauerstoffsättigung. Dieser Zusammenhang ist nicht linear, sondern s-förmig und lässt sich in der Sauerstoffbindungskurve darstellen (siehe Abb. 4). Somit steigt ab einem gewissen pO2 die Sauerstoffsättigung nur noch geringfügig an.

Kurvendiagramm über den Zusammenhang von Sauerstoffsättigung und Sauerstoffpartialdruck, die sog. Sauerstoffbindungskurve

Abb. 4: Die Sauerstoffbindungskurve beschreibt den Zusammenhang der O2-Sättigung des Hämoglobins mit dem Sauerstoffpartialdruck (pO2) des Blutes..

Die Verschiebung der Sauerstoffbindungskurve nach links oder rechts hat vielfältige Ursachen:

Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve

Eine Linksverschiebung bedeutet, dass bei gleichem Sauerstoffpartialdruck das Hämoglobin mehr Sauerstoff binden kann. Der Sauerstoff wird aus den Lungenbläschen leichter aufgenommen und die Bindung zwischen Hämoglobin und Sauerstoff wird stärker. Dies hat allerdings zur Folge, dass der Sauerstoff weniger gut ins Gewebe abgegeben werden kann.

Ursachen für einen Linksdrift:

  • Abnahme an Protonen (führt zur Zunahme des pH-Werts: Blut wird alkalischer)
  • Abnahme an CO2 Partialdruck
  • Abnahme der Körpertemperatur
  • Abnahme an 2,3-BPG (= 2,3-Bisphosphoglycerat: reguliert die Bindungsstärke von O2 an Hämoglobin)

Beispiel: Eine Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve sieht man bspw. bei einer Hypothermie (Unterkühlung).23 Hält man sich bspw. über einen längeren Zeitraum in sehr kalter Umgebung auf, kann es zu einer Reduzierung der Körpertemperatur und somit zu einer Unterkühlung einzelner lokaler Körperbereiche (typisch sind Hände und Füße) oder sogar des gesamten Körpers kommen.24

Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve

Bei einer Rechtsverschiebung ist die Bindung zwischen Hämoglobin und Sauerstoff schwächer. Der Sauerstoff kann nicht mehr so leicht aufgenommen, jedoch leichter ins Gewebe abgegeben werden.

Ursachen für eine Rechtsverschiebung:

  • Zunahme an Protonen (führt zur Abnahme des pH-Werts: Blut wird saurer)
  • Zunahme an CO2 Partialdruck
  • Zunahme der Körpertemperatur
  • Zunahme an 2,3-BPG (= 2,3-Bisphosphoglycerat: reguliert die Bindungsstärke von O2 an Hämoglobin)

Beispiel: Bei zunehmender körperlicher Belastung kommt es zu einem Abfall des pH-Werts durch eine Zunahme an Protonen im Blut (Gewebeazidose). Hinzu kommt meist ein Anstieg der Körpertemperatur und eine Zunahme des CO2-Partialdrucks aufgrund der Sauerstoffschuld. Diese Faktoren und die zunehmende Konzentration von 2,3-BPG bewirken eine Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve und sorgen dafür, dass der Sauerstoff leichter ins Gewebe abgegeben werden kann. Das Hämoglobin bindet allerdings den Sauerstoff nicht mehr so stark, weswegen die Atemfrequenz zunehmen muss. Dieser Zusammenhang zwischen pH-Wert, CO2-Partialdruck mit der Sauerstoffbindungskurve wird als Bohr-Effekt bezeichnet.

Was beeinflusst die Sauerstoffsättigung?

Neben den bereits genannten Einflüssen auf die Sauerstoffsättigung bzw. den Sauerstoffpartialdruck (pH-Wert, CO2-Konzentration, Temperatur, 2,3-BPG-Konzentration) gibt es weitere Faktoren, die eine Veränderung – meist eine Verringerung – der arteriellen Blutsauerstoffsättigung bewirken. Einige sind im Folgenden näher beschrieben.

Sauerstoffsättigung im Schlaf

Während des Schlafs verändert sich die menschliche Atmung:

  • Der Atemantrieb nimmt ab,
  • durch die Liegeposition ist die nach dem Ausatmen in den Lungen verbleibende Luftmenge verringert,
  • das Verhältnis zwischen Lungenbelüftung und -durchblutung verschiebt sich.

Bei gesunden Menschen bereiten diese Veränderungen im Vergleich zur Atmung am Tage keine Probleme. Dagegen führen sie bei Patienten mit Lungenerkrankungen wie Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) oft zu Sauerstoffmangel im arteriellen Blut.25

Auch Menschen mit Schlafapnoe können aufgrund der häufigen und teilweise bis zu zwei Minuten andauernden Atemaussetzer eine geringere Sauerstoffsättigung nachts aufweisen. In schweren Fällen der Schlafapnoe liegt die Blutsauerstoffsättigung der betroffenen Personen zeitweise nur noch bei etwa 70%.26

Sauerstoffsättigung bei Babys und Kindern

Der Kreislauf eines Neugeborenen stellt sich unmittelbar nach der Geburt um. Die Sauerstoffsättigung von ca. 50% steigt direkt nach der Geburt innerhalb von etwa 10 Minuten von ca. 60-65% auf 90-96% an.27 28

Sauerstoffsättigung in Höhenlagen29

Mit zunehmender Höhe nehmen Luftdruck und O2-Partialdruck (PO2) in der Umgebungsluft ab, sodass der Sauerstoff nicht mehr so gut vom Hämoglobin aufgenommen werden kann. Die Folge ist ein geringerer Sauerstoffpartialdruck im Blut sowie eine geringere Sauerstoffsättigung. Über periphere Chemorezeptoren wird diese verringerte Sauerstoffsättigung im Körper wahrgenommen und eine Hyperventilation ausgelöst. Durch diese wird der alveoläre PO2 leicht erhöht und das sympathische Nervensystem aktiviert. Die dadurch erhöhte Herzfrequenz kompensiert den geringeren O2-Gehalt pro Herzschlag. Diese sogenannte akute Anpassung kann jedoch nicht verhindern, dass der maximale Sauerstofftransport und damit die maximale aerobe Kapazität (VO2max) eingeschränkt wird. So verliert eine untrainierte Person auf 1.500m Höhe etwa 1% seiner VO2max pro 100m, was zu einem Leistungsverlust von 10% auf 2.500m Höhe, 25% auf 4.000m Höhe und 65% auf 8.000m Höhe führt.
Der systemische Blutdruck ändert sich bei der akuten Anpassung in Höhenlagen nicht signifikant, da sich die sympathische Aktivierung und die direkte gefäßerweiternde Wirkung der Hypoxie im peripheren Kreislauf neutralisieren.

Ein Ausdauertraining in Höhenlagen kann gezielt dazu eingesetzt werden, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Die geringere Blutsauerstoffsättigung in der Höhe bewirkt über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Anpassungsreaktionen:

  • Die Anzahl an Erythrozyten vermehrt sich (Erythropoese) durch die Ausschüttung des Hormons EPO.
  • Die Hämoglobinkonzentration erhöht sich und bewirkt einen besseren Sauerstofftransport.
  • Das Atem- und Herzminutenvolumen erhöht sich.
  • Auch die Kapillaren vermehren sich (Kapillarisierung), was einen besseren Gasaustausch ermöglicht.

Durch Höhentraining steigt somit die aerobe Leistungsfähigkeit. Der Gasaustausch wird auf längere Sicht ökonomischer, indem der Sauerstoff besser aufgenommen und weitertransportiert werden kann. Diese Höhenakklimatisation benötigt allerdings Zeit (ca. drei Wochen ununterbrochener Aufenthalt in Höhenlagen).30

Die gesundheitsfördernden Aspekte des oben genannten Höhentrainings werden sich bei der Intervall-Hypoxie-Therapie zunutze gemacht. Im Wechsel zwischen Normoxie- und Hypoxie-Phasen, wird in der hypoxischen Phase der Sauerstoffgehalt reduziert. In der Hyperoxie-Phase dagegen wird die Atemluft mit 25% Sauerstoff angereichert. Einsatz findet diese vor allem bei der Behandlung des Fatigue-Syndroms, sowie bei der Nachbehandlungen von Tumorerkrankungen. Symptome wie Erschöpfung, Anämien und Leistungseinschränkungen könnten so im Anschluss an eine konventionelle Therapie effizient gelindert werden.31 Eine von Burtscher et al. (2004) durchgeführte doppelverblindete RCT-Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine dreiwöchige, passiv durchgeführte intermittierende Hypoxie-Exposition die Leistungsfähigkeit der Probanden steigerte. In die Studie mit eingeschlossen wurden Männer zwischen 50 und 70 Jahren sowohl mit als auch ohne koronare Herzkrankheit.32

Einfluss von Krankheiten auf die Sauerstoffsättigung

Viele Erkrankungen üben einen negativen Einfluss auf die Sauerstoffsättigung aus und verursachen eine Hypoxämie. Es folgt ein Überblick einiger Krankheiten, die die Sauerstoffsättigung kurzzeitig oder dauerhaft verringern können:33

Atemeinschränkungen/Atemverminderung bspw. ausgelöst durch

  • Bronchospasmus
  • Kopfverletzungen
  • Schlafapnoe und Schnarchen
  • Schlaganfall
  • Schock
  • Sepsis
  • Übersedierung
  • Verlegung von Atemwegen oder Endotrachealtubus durch Sekret

Lungenerkrankungen wie z.B.

  • Acute respiratory distress syndrome (ARDS)
  • Aspirationspneumonie
  • Asthma bronchiale
  • Atelektasen
  • Bronchitis
  • Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD)
  • Covid-19
  • Lungenembolie
  • Lungenemphysem
  • Lungenentzündung (Pneumonie)
  • Lungenkontusion
  • Lungenkrebs
  • Pneumothorax

Erkrankungen des Blutes wie z.B.

  • Anämien
  • Blutbildungsstörungen

Herz-Kreislauferkrankungen wie z.B.

  • Herzinfarkt
  • Herzinsuffizienz

Sauerstoffsättigung messen

Wie wird die Sauerstoffsättigung gemessen?

Die Sauerstoffsättigung lässt sich entweder außerhalb des Körpers über die Pulsoxymetrie oder mithilfe einer Blutgasanalyse messen.

Pulsoximetrie / Pulsoxymeter (SpO2)

Die Pulsoxymetrie (auch Pulsoximetrie) ist eine nicht-invasive Methode zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung des kapillaren Blutes (SpO2-Wert) sowie der Pulsfrequenz. Häufig wird zur Messung ein Clip mit einem Sensor an der Fingerspitze oder dem Ohrläppchen befestigt (Pulsoxymeter). Der Sensor besteht aus zwei Teilen: Die Lichtquelle sendet rotes und infrarotes Licht im Wechsel aus, das die Haut durchdringt. Der Lichtempfänger (Photodiode) nimmt die Lichtintensität auf und ermittelt, wie viel Licht der verschiedenen Lichtfarben (rot und infrarot) absorbiert wurde. Die so gemessenen Werte sind i.d.R. sehr präzise und korrelieren innerhalb einer 4-prozentigen Abweichung mit der arteriell gemessenen Sauerstoffsättigung (SaO2). Die Pulsoxymetrie kann lediglich Oxyhämoglobin oder reduziertes Hämoglobin erkennen, jedoch keine weiteren Hämoglobin-Varianten wie bspw. Carboxyhämoglobin oder Methämoglobin.34 Aus diesem Grund bleibt die mit einem Pulsoximeter gemessene Sauerstoffsättigung bei lebensbedrohlichen Kohlenstoffmonoxidvergiftungen fälschlicherweise im normalen Wertebereich, da das Pulsoximeter nicht zwischen Kohlenstoffmonoxid-Hämoglobin und oxygeniertem Hämoglobin differenzieren kann.35

Blutgasanalyse (BGA)

Für die Blutgasanalyse ist eine Blutprobe erforderlich. Diese invasive Methode zur Messung der Blutsauerstoffsättigung wird zur Beurteilung der Atemfunktion und des Säure-Basen-Haushalts verwendet. Sie kann arteriell oder venös erfolgen. Die wichtigsten Parameter zur Beurteilung der Atemfunktion sind die Partialdrücke für Sauerstoff (pO2) und Kohlendioxid (pCO2) sowie die Sauerstoffsättigung (sO2). Hiermit können die respiratorische Insuffizienz und die ventilatorische Insuffizienz erfasst werden. Wichtig für die Beurteilung des Säure-Basen-Haushalts sind der pH-Wert, Kohlendioxidpartialdruck (pCO2), der Basenüberschuss (Base Excess, BE) und Lactat. Zusammen mit dem pH-Wert können diese Parameter zur Diagnose einer Azidose oder Alkalose herangezogen werden. Anhand der Veränderungen von pCO2 und BE ist feststellbar, ob diese respiratorischer oder nicht-respiratorischer (metabolische, renale, intestinale) Natur sind und ob eine körpereigene Kompensation dieser stattfindet.36

Aufgrund altersbedingten und/oder geschlechtsspezifischen, physiologischen Schwankungen gibt es keine einheitlich definierten Normwerte der Blutgasanalyse.37

Wo wird die Sauerstoffsättigung gemessen?

Je nach Messmethode wird die Sauerstoffsättigung an verschiedenen Stellen gemessen, da das arterielle Blut generell im gesamten Körper gleich gesättigt ist. Somit ist eine Messung theoretisch überall möglich.

Pulsoxymetrie / nicht-invasiv:

  • Finger
  • Ohrläppchen
  • Im Ohr (äußerer Gehörgang)
  • Handgelenk
  • Ferse (bei Neugeborenen)

Blutgasanalyse / invasiv:

  • Blutprobe

Wie misst cosinuss° Vitalparameter?

Letzte Aktualisierung am: 1. Juli 2022

Autor- & Quellenangaben

Über den Autor

Dr.-Ing. Johannes Kreuzer ist Mitgründer und Geschäftsführer von cosinuss°. Er studierte Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Medizinelektronik an der TUM (Technische Universität München, Deutschland).

Quellen / References

  1. Sauerstoffsättigung (sO2) www.pschyrembel.de (8.8.2020)
  2. Hämoglobin www.pschyrembel.de (Abruf: 12.8.2020)
  3. Hämoglobin www.amboss.com (Abruf: 13.8.)
  4. Sauerstoffsättigung (sO2) www.pschyrembel.de (8.8.2020)
  5. Pulsoxymetrie und Blutgasanalyse, www.amboss.com (Abruf: 6.8.2020)
  6. Pulsoxymetrie und Blutgasanalyse, www.amboss.com (Abruf: 5.11.2020)
  7. König, Peter; Lipp, Andreas: Lehrbuch für Forschungstaucher. Version: Juni 2007: 24. (ifm.uni-hamburg.de Abruf: 17.9.2020)
  8. Derek K Chu, MD et al.: Mortality and morbidity in acutely ill adults treated with liberal versus conservative oxygen therapy (IOTA): a systematic review and meta-analysis. The Lancet (April 2018) Vol. 391, Issue 10131: 1693-1705. (www.thelancet.com, Abruf 12.8.2020)
  9. Auch eine Überversorgung mit Sauerstoff sollte vermieden werden www.lungenaerzte-im-netz.de (Abruf: 11.8.2020)
  10. Hypoxämie www.pschyrembel.de (Abruf: 12.8.2020)
  11. Hypoxie www.pschyrembel.de (Abruf: 12.8.2020)
  12. Pulsoxymetrie und Blutgasanalyse, www.amboss.com (Abruf: 6.8.2020)
  13. Hypoxie www.pschyrembel.de (Abruf: 12.8.2020)
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  15. Silent Hypoxemia: SARS-CoV-2 könnte den Sauerstoffsensor im Glomus caroticum zerstören, www.aerzteblatt.de (Abruf: 10.2.2021)
  16. Tobin MJ, Laghi F, Jubran A. (2020): Why COVID-19 silent hypoxemia is baffling to physicians. Am J Respir Crit Care Med. 2020;202:356–60. https://doi.org/10.1164/rccm.202006-2157CP.
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  18. Sauerstoffsättigung, flexikon.doccheck.com (Abruf: 6.8.2020)
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  22. Wedel, Eva: Einfluss motorischer Belastung (Laufband) auf Blutgaspartialdrücke bei klinisch gesunden und respiratorisch erkrankten Pferden mit besonderer Berücksichtigung hypoxischer Zustände (2003) www.diss.fu-berlin.de, Abruf: 12.8.2020)
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  26. Gefährlicher Atemstillstand in der Nacht www.pharmazeutische-zeitung.de (Abruf: 12.8.2020)
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  29. Schommer, Kai; Bärtsch, Peter: Basiswissen für die höhenmedizinische Beratung. Deutsches Ärzteblatt (2011): 108(49): 839-48 (www.aerzteblatt.de, Abruf: 12.8.2020)
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