Die Temperatur steigt

Alle Eltern kennen es: Das Kind, das vor kurzer Zeit noch mit scheinbar unerschöpflichen Energiereserven ausgestattet zu sein schien, verhält sich plötzlich auffallend anders… Es ist matt, vielleicht quengelig und essen will es auch nicht mehr. Das Fieberthermometer bestätigt den Verdacht: Fieber. Und das Fieber steigt!

Und damit auch die Angst der Eltern. Wenn die Zahl auf dem Fieberthermometer in die Höhe geht, ist das erst mal beunruhigend. Doch was kann eigentlich genau passieren?

Wirklich in Gefahr oder nur eine falsche Schlussfolgerung?

Grundsätzlich ist Fieber nichts aus sich heraus Bedrohliches, sondern ein Symptom. Der Körper lässt seine Kerntemperatur ansteigen und sagt damit schädlichen äußeren Eindringlingen wie Bakterien, Parasiten und Viren den Kampf an. Er aktiviert sein Abwehrsystem, indem er unter anderem Pyrogene freisetzt, die die Temperatur steigen lassen, um ein „unfreundliches“ Klima für Krankheitserreger zu schaffen. Fieber ist somit eine gesunde Reaktion des Körpers, die zur Aufgabe hat, die eingedrungenen Erreger wirksam zu vernichten. Fieber unterstützt also den Heilungsverlauf. Bedrohlich ist üblicherweise die zugrundeliegende Krankheit, nicht das Fieber selbst.

Die Höhe, die das Fieber erreicht, sagt dabei eher nichts über die Gefährlichkeit des Erregers aus. Je höher das Fieber, desto schlimmer die zugrunde liegende Krankheit, ist ein Schluss, den man so nicht ziehen kann.

Fieber kann durch verschieden Erreger ausgelöst werden. In den meisten Fällen steckt bei Kindern eine banale Erkältung dahinter und die Unruhe der Eltern ist unbegründet. Aber kann auch das Fieber selbst, kann der hohe Anstieg der Körperkerntemperatur zu einer Gefahr werden?

Fieber und Symptome

Es ist schwierig, das Fieber losgelöst von der ursächlichen Krankheit zu betrachten, da Fieber immer im Rahmen einer komplexen körperlichen Entzündungsreaktion auftritt, die unterschiedlich ausfallen kann. Die Gesamtsymptomatik wird natürlich immer von der Grunderkrankung beeinflusst, deshalb können einzelne Symptome nur schwer zuverlässig dem Fieber zugerechnet werden.

Was Eltern Sorgen macht…

Das diffuse ungute Gefühl, das Eltern beim Anstieg des Fiebers verspüren, ist wohl die Angst davor, dass die Temperatur ihres Kindes Sphären erreichen könnte, die dazu führen, dass der Körper sich selbst „verglüht“.

Proteine schützen

Dass das Fieber ungebremst Höhen erklimmt, bei denen Körperfunktionen aussetzen oder Eiweiße geschädigt werden. Denn wahr ist tatsächlich, dass sich die Struktur der körpereigenen Eiweißstoffe bei zu hohen Temperaturen verändert, vergleichbar mit dem Stocken von Eiweiß in heißem Wasser. Der Körper schützt sich gegen diese Strukturveränderung, indem er Hitzeschockproteine bildet. Doch eine Temperatur von mehr als 41 Grad Celsius (Hyperpyrexie) kann lebensbedrohlich sein. Wenn die Temperatur eine gewisse Schwelle übersteigt, werden die Wände der kleinen Blutgefäße, der Kapillaren, durchlässiger. Die innere Beschichtung dieser Gefäßwende, das Endothel, reguliert den Stoffaustausch zwischen Blut und Gewebe. Ist eine zu hohe Körpertemperatur erreicht, ziehen sich die Endothelzellen zusammen und es entstehen Lücken. So kann Flüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Gehirn austreten, was lebensgefährliche Hirnödeme zur Folge hat. Dies kann zu schweren Gehirnschäden oder auch zum Tod führen.

Komplikationen bei Fieber und was man tun kann

Fieber kann also tatsächlich zu einer ernsten Gefahr werden – jedoch brauchen sich Eltern normalerweise keine Sorgen darum machen, dass das Fieber zu hoch steigen könnte. Denn über 41,5 C Grad steigt Fieber üblicherweise nicht, dies geschieht nur bei einigen, seltenen Krankheiten (z.B. Reye-Syndrom, schwere Gehirnentzündung, Tetanus) oder durch äußere Einflüsse (Überhitzung).

Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass sich Eltern fiebernder Kinder mit einem der folgenden durch Fieber ausgelösten Komplikationen auseinandersetzen müssen:

Dehydrierung

Fieber erhöht den Flüssigkeitsbedarf des Körpers. Gleichzeitig schläft das Kind aber mehr und ist möglicherweise auch zu schwach um ans Trinken zu denken. Deshalb ist die Gefahr der Austrocknung bei einem fiebernden Kind erhöht. Es gilt: je jünger das Kind, desto größer das Risiko einer Dehydrierung.

Zeichen der Austrocknung

Frühe Anzeichen:

  • Trockene Lippen und Mund
  • Dunkler, konzentrierter Urin
  • Schlapp, aber nicht teilnahmslos

Späte Anzeichen:

  • Kaum Urin
  • Weinen ohne Tränen
  • Hautfalten am Bauch gehen nur langsam zurück bzw. bleiben sogar stehen
  • Haut wird blass-grau, Augen eingefallen
  • Schläfrig und teilnahmslos

Zeigt das Kind eins der Spätzeichen muss es sofort zum Kinderarzt oder ins Krankenhaus gebracht werden.

Dehydrierung kann schwerwiegende Folgen haben: Bei einem 12- bis 15-prozentigen Flüssigkeitsverlust kommt es zum Schock. Dabei treten Kreislaufschwäche und Bewusstseinsstörungen auf, etwa Lethargie, Verwirrtheit und Delirium, bis hin zum Koma.

Eltern müssen deshalb darauf achten, dass ihr fieberndes Kind genug Flüssigkeit zu sich nimmt. Bei richtig kranken Kindern ist es nicht unbedingt ausreichend, ihnen das Trinken hinzustellen. Eltern sollten ihrem Kind in den Wachphasen aktiv etwas zu trinken reichen.

Halluzinationen und Fieberdelirium

Aufgrund der erhöhten Reizbarkeit der Gehirnzellen können bei Fieber Halluzinationen auftreten, der sogenannte Fieberdelir. Die Ursache hierfür ist der beschleunigte Stoffwechsel, der dafür sorgt, dass der Körper aktiver wird und die Gehirnzellen leichter auf Reize ansprechen.

Diese Halluzinationen sind grundsätzlich harmlos, auch wenn sie auf Eltern sehr erschreckend wirken können. Das Kind träumt mit offenen Augen und erkennt oft die eigenen Eltern nicht.

Eine mögliche Gefahr entsteht lediglich dadurch, dass das Kind auf seine äußerst lebhaften Phantasien reagiert, weil diese  auf das Kind sehr real wirken. So kann es beispielsweise vorkommen, dass das Kind, ähnlich wie beim Schlafwandeln, herumläuft oder mit den Armen wedelt und sich so gefährdet.

Vom Arzt sollten eventuell eine Meningitis und eine Enzephalitis ausgeschlossen werden, ansonsten können Eltern davon ausgehen, dass ein Fieberdelir nicht weiter besorgniserregend ist.

Fieberkrampf

Eine für Eltern besonders beunruhigende Komplikation, die durch Fieber ausgelöst werden kann, ist der Fieberkrampf. Etwa 4 % aller Kinder erleiden mindestens einmal in ihrem Leben einen Fieberkrampf, am häufigsten im Alter zwischen 6 Monaten und 4 Jahren. Fieberkrämpfe entstehen durch eine Veranlagung des Gehirns, auf Fieber bzw. zu rasches Ansteigen oder Absinken der Körpertemperatur mit Krampfanfällen zu reagieren. Es ist noch nicht geklärt, ob das Fieber allein oder der Fieber auslösende Infekt den Krampfanfall hervorruft. Oft steigt die Körpertemperatur so schnell in die Höhe, dass Eltern erst mit dem Fieberkrampf bemerken, dass das Kind überhaupt fiebert. Meistens treten Fieberkrämpfe erst bei einer Temperatur über 38,9 C auf, es kann aber auch schon bei einer erhöhten Temperatur zu Fieberkrämpfen kommen.

In aller Regel ist ein Fieberkrampf harmlos und hinterlässt keine Folgeschäden. Die meisten Fälle sind „einfache“ Fieberkrämpfe: Es kommt zum Verlust des Bewusstseins, Blaufärbung im Bereich der Lippen, und Muskelverspannung oder Muskelzuckung oder Schlaffheit. Er dauert 2 – 10 Minuten und tritt während der fieberhaften Erkrankung nur einmal auf. So erschreckend dieses Ereignis für die Eltern ist, das Kind erholt sich üblicherweise sehr schnell wieder davon. 25 % aller Fieberkrämpfe verlaufen außergewöhnlich („komplizierter“ Fieberkrampf), das heißt, der Krampfanfall dauert länger als 15 Minuten und muss medikamentös beendet werden oder andere Auffälligkeiten treten auf.

Was Eltern im Falle eines Fieberkrampfes tun sollten:

  • Ruhe bewahren
  • das Kind niemals schütteln!
  • auf die Uhr sehen, wie lange der Anfall dauert
  • keine Nahrungsmittel oder Trinken geben (Erstickungsgefahr)
  • Kleidung lockern, wenn nötig
  • rasch Notarzt oder Kinderarzt
  • nach dem Anfall Fieber messen

Fieberkrämpfe führen nicht zu einer Schädigung des Gehirns, fast alle Kinder, die einen oder mehrere Fieberkrämpfe erlitten haben, entwickeln sich normal. Das Risiko, später mit einer Epilepsie diagnostiziert zu werden ist lediglich leicht erhöht (von 0,5 % aller gesunden Kinder ohne Fieberkrampf auf 1 %)

Zuverlässig verhindert werden können weitere Fieberkrämpfe nicht. Die meisten Ärzte empfehlen, das Fieber bereits ab Temperaturen über 38,5 konsequent zu senken, der Erfolg ist aber umstritten. Krampfanfälle treten häufig im Fieberanstieg auf und sind deshalb nur durch kontinuierliche Temperaturmessung mit bspw. dem degree° vorhersehbar. Ein Fünkchen Hoffnung besteht also mit neuester Technologie doch, die anbahnende Gefahr zu erkennen und angemessen zu reagieren um einen Krampfanfall zu verhindern.

Author

  • Gerrit Schweiger

    B.A. Kommunikationsdesigner und UX/UI Designer mit Schwerpunkt auf Digitalisierung im Gesundheitswesen. // B.A. Communication Designer and UX/UI Designer with a focus on digitalization in healthcare.