Deine Vitalparameter

Was uns Sportler fasziniert? Es ist der Sport. Und es sind die Sportler. Sei es als geliebtes Hobby, sei es als ambitionierter Amateur oder sei es als professioneller Athlet. Es ist der Sport, der uns fasziniert. Es ist die Fähigkeit zur Leistung. Die Möglichkeit des Körpers sich anzupassen und sich immer wieder zu verbessern. Im Laufe der Evolution war das notwendig, um zu überleben. Der Spruch „Survival of the fittest“ kommt nicht von ungefähr.

Und heute? Heute geht es nicht um das Überleben. Es geht um das Gewinnen im sportlichen Wettstreit. Es geht um das Fit bleiben im Alltag. Wir wollen uns gut fühlen. Wir achten auf unseren Körper. Es fehlt der körperliche Leistungsdruck. Doch das ist noch nicht lange so. Ausreichend Nahrung, Wärme und ein friedliches Umfeld können wir erst seit wenigen Jahrzehnten als selbstverständlich hinnehmen.

Und weil genau das so ist, reizt es uns, Grenzen auszutesten. Wir sehnen uns danach, den Körper mit neuen Leistungen und Zielen herauszufordern. Egal ob beim Laufen, beim Triathlon oder in einem anderen Ausdauersport. Wir bewundern die Ergebnisse des Spitzensports. Die dort gezeigten Höchstleistungen faszinieren uns und spornen uns an.

Welche Faktoren beeinflussen unsere körperliche Konstitution? Welche Mechanismen sind es, die unsere Leistung limitieren – oder uns immer besser werden lassen?

Lass uns einen Blick auf die wichtigsten inneren Funktionen und Regulationsmechanismen, unsere Vitalparameter, werfen. Wie kann ich als Sportler diese überwachen, z.B. den Puls messen, und mich verbessern.

Das Herz beim Laufen

Es ist etwa faustgroß. Das Herz liegt eingebettet zwischen den Lungenflügeln. Es ist „das“ zentrale Organ unseres Körpers. Aber wie funktioniert es genau? Der stoßweise Herzschlag sendet Druckwellen in die Arterien und das mit einer Frequenz von etwa 60-80 Schläge/min. Im Ruhezustand. Das Blut wird aus dem Herz in den Körper gepumpt. Es versorgt unsere Organe und die Muskulatur mit Sauerstoff und Nährstoffen.

Bei körperlicher Anstrengung oder in Stresssituationen steigt der Puls. Warum? Der Körper benötigt mehr Sauerstoff, um zu funktionieren. Blut ist Transportmittel Nummer 1 für den Sauerstoff. Je schneller das Herz schlägt, desto mehr Blut und damit Sauerstoff wird durch den Körper transportiert.

Bei regelmäßiger Beanspruchung des Herzmuskels, z.B. durch regelmäßigen Sport, vergrößert sich das Herzvolumen und die Sauerstoffaufnahme der Muskulatur verbessert sich. Dadurch schaffst Du es die gleiche Leistung beim Laufen oder beim Sport zu erzielen mit deutlich niedrigerer Herzfrequenz. Doch nicht nur beim Sport sinkt Dein Puls. Nein, auch Dein Ruhepuls geht in trainiertem Zustand nach unten.

 untrainiert  trainiert  untrainiert  trainiert
Herzgewicht 320 g  600 g 280 g  500 g
Herzminutenvolumen 750 ml 1700 ml 500 ml 1100 ml
max. Sauerstoffaufnahme 3,0 – 3,5 l/min Untrainiert  Trainiert 5-6 l/min
Steigerung etwas um Faktor 12  Steigerung etwa um Fakor 20

Deine Körpertemperatur

Der Mensch ist ein sogenanntes homoiothermes Wesen. Experten bezeichnen den Menschen als gleichwarm. Wir haben im Körperkern eine konstante Betriebstemperatur. Sie liegt in einem Toleranzbereich von 37°C, ±0,5°C. Unser Körper muss enormen Aufwand betreiben, um die Betriebstemperatur nahezu konstant zu halten.

Unser Gehirn ist dabei die Steuerzentrale. Über die Haut misst und berechnet unser Gehirn permanent die aktuelle Außentemperatur, über den Hypothalamus die Körperkerntemperatur. Befinden wir uns gerade draußen oder drinnen? Tragen wir Kleidung oder sind wir nackt? Warum ist das so wichtig? Der menschliche Körper ist sehr empfindlich. Kleine Abweichungen der Körperkerntemperatur können zu nachhaltigen Schäden führen. Kleine Abweichungen beziehen sich dabei schon auf Temperaturen über 40,5° C und unter 35° C.

Aufgrund der niedrigeren Umgebungstemperatur muss der Körper ununterbrochen Energie umsetzen, um die Betriebstemperatur zu halten. Dies passiert durch das chemische Verbrennen aufgenommener Nahrung. Wie viel Wärmeenergie an die Umgebung abgegeben wird, ist u.a. abhängig von der Umgebungstemperatur, der Körperoberfläche und der Isolation durch Haut und Kleidung. Schwankungen in der Körpertemperatur sind unserem Tagesrhythmus (und bei Frauen dem Menstruationszyklus) unterworfen und nehmen maßgeblich Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit.

In der Bewegung stellt unsere Muskulatur Energie bereit. Hiervon werden nur etwa 20% für die Bewegung selbst verwendet. 80% wird in Wärme umgewandelt und muss, um nicht zu überhitzen, abgeführt werden. Beim Sport passiert dies, wer kennt es nicht, vor Allem über eine erhöhte Schweißproduktion.

Die Herzratenvariabilität

Es gibt eine weitere Maßzahl, die beschreibt wie gut Dein Körper bei Belastung funktioniert. Diese Maßzahl heißt Herzratenvariabilität (HRV). Die Herzratenvariabilität beschreibt wie gut Du mit psychischem und körperlichem Stress umgehen kannst.

Wie wird die Herzratenvariabilität gemessen?

Zur Messung benötigst Du ein EKG (Elektrokardiogramm). Die Zeit, die zwischen zwei Herzschlägen vergeht, nennt man die Herzperiodendauer. Auf dem EKG erkennst Du die Herzschläge an den Ausschlägen nach „oben“. Die zeitlichen Abstände der Ausschläge, d.h. die Länge einer Herzperiodendauer, ist in der Regel nicht gleich lang. Die quantitative Beschreibung dieser Unterschiede nennen Experten nun die Herzratenvariabilität.

Was bedeutet das konkrekt?

Du kannst Dir ein Stück weit Dein Herz wie einen Motor mit Getriebe vorstellen. Je mehr Gänge dem Motor zur Verfügung stehen, desto einfacher ist es für den Motor variable Anforderungen, wie steile Berge oder flache Strecken, zu meistern. Ist der Motor z.B. in den Alpen unterwegs und stehen ihm nur zwei mittlere Gänge zur Verfügung, dann tut er sich schwer, steile Passstrassen zu bewältigen. Hat er jedoch sechs statt zwei Gänge, geht das deutlich einfacher.

Genauso funktioniert Dein Herz. Je besser die Herzratenvariabilität Deines Herzens ist, also je mehr die Herzperiodendauer variieren, desto besser kann sich Dein Körper an Belastung anpassen. Im Umkehrschluss bedeutet das, je schlechter sich Dein Herz an Belastung anpassen kann, desto schwieriger ist es für Dich mit Stress oder körperlicher Belastung umzugehen. „An Belastung anpassen“ bedeutet in diesem Sinne, die Fähigkeit Deines Herzens schnell und flexibel die Zahl der Schläge „hoch“ und „runter“ zu fahren.

Laufen, Messen, Entscheiden

So viele Zahlen und Werte! Egal ob Du ein Freizeitathlet bist oder ambitionierter Amateur. Wichtig ist, dass Du alle Werte, die Du heute messen und aufnehmen kannst in Kombination analysierst. Der Puls alleine ist schon ein guter Startpunkt für die Analyse, was sich in Deinem Körper gerade tut. In Kombination mit anderen Parametern aber, wie z.B.der Körpertemperatur oder der Herzratenvariabilität, wirst Du noch bessere Rückschlüsse auf Deine aktuelle Leistungsfähigkeit ziehen können.

Die Herzfrequenz ist auch abhängig von Faktoren, die wir nicht aufzeichnen können. Stress oder selbst Muskelkater können ihn beeinflussen. Überlastest Du dich durch zu viel Training in zu kurzer Zeit, so könnte das mittel- bis langfristig Deine Herzfrequenzvariabilität negativ beeinflussen. Dein Körper wird müde und träge. Es fällt Dir zunehmend schwer Dich auf ‚Betriebstemperatur‘ zubringen.

Was genau solltest Du also tun?

Drei Vitalparameter helfen Dir, Dein Training effektiv zu steuern. Du fängst mit Pulsmessung und Körpertemperaturmessung an. Damit kannst Du folgende Fragen beantworten:

  • Arbeite ich im geplanten Pulsbereich?
  • Werde ich meine Fitness verbessern wenn ich jetzt trainiere?
  • Bin ich vielleicht überhitzt und muss meinen Körper kühlen?
  • Funktioniert meine Temperaturregulation, drinnen wie draußen?

Wenn Du die Möglichkeit dazu hast, die Herzfrequenzvariabilität zu messen, dann tue es. So kannst Du kontrollieren, ob Dein Herz in der Lage ist, wechselnden Belastungen zu folgen oder nicht. Mit diesen Datenpunkten bist Du in der Lage für Dich oder mit Deinem Coach zu entscheiden, wie die Trainingsplanung für die nächsten Tage und Wochen aussieht.

In diesem Sinne: Laufe, messe und entscheide!

Author

  • Andrea Schwiebacher

    Andrea Schwienbacher studied at the technicl university of Munich sports science and is a certified coach. Today, she is working in the field of corporate exercise and health management. Parallel to her work she is also studying psychology. Being a passionate athlete and coach I am highly engaged with every aspect of the human body and musculoskeletal system. Additionally to that, my psychology courses enable me to get deep insights into a wholistic human being that is not just a body but a highly complex system of emotions and processes.

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