Kooperationsprojekt zur Reduzierung von Bewegungsartefakten und Störfaktoren bei der PPG-Messung von Vitalparametern

cosinuss° und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Landshut haben sich für ein neues Kooperationsprojekt zusammengetan, um sich den Herausforderungen bei der optischen Messung von Vitalparametern zu stellen. Ziel ist die Entwicklung eines Earables, das zuverlässige Messungen im Ohr ermöglicht und besonders robust gegenüber Bewegungsartefakten sowie weiteren Störfaktoren ist. Dieser Im-Ohr Sensor soll erstmals in der Lage sein, eine Vielzahl von Vitalparametern kontinuierlich trotz Bewegung zu überwachen. Mit der Einführung eines solchen Systems streben die Projektpartner an, die klinische Überwachung von Patient:innen – insbesondere mit eingeschränkter Durchblutung – grundlegend zu verändern.

Das Ohr als idealer Messort für Vitalparameter

Anhand der Photoplethysmographie (PPG) – einem nicht-invasiven, optischen Messverfahren zur Erfassung der Blutzirkulation – kann eine Vielzahl an Vitalparametern bestimmt werden. Allerdings ist die PPG-Messung extrem empfindlich gegenüber Bewegungsartefakten und Streulicht. Daher muss der Sensor möglichst nah an der Oberfläche der Haut sitzen. Vitalparametermessungen an den Extremitäten, wie sie üblicherweise mittels Smartwatches geschehen, sind allerdings starken Bewegungen und weiteren Einflüssen, wie unterschiedliche Umgebungstemperaturen und Lichteinfall ausgesetzt. Ebenfalls schwer bis unmöglich wird die Messung an den Extremitäten, wenn der/die Patient:in eine eingeschränkte Durchblutung hat. Dies kommt bspw. häufig bei Notfallpatient:innen vor, die unter Schock stehen.
Der äußere Gehörgang dagegen stellt einen geeigneten Ort dar, um Vitalparameter zu messen. So bleibt die ohnehin gute Durchblutung des Gehörganggewebes auch dann relativ stabil, wenn sich die Durchblutung im restlichen Körper verändert. Vitalparametermessungen im Ohr können somit genauer und zuverlässiger als an anderen Stellen des Körpers sein.

Blutdruck wird im klinischen Alltag meist mittels Druckmanschetten am Arm gemessen. Diese traditionelle Messmethode liefert lediglich punktuelle Daten und kann wie die PPG-Messung auch durch verschiedene Faktoren, einschließlich der Position der Extremität, beeinflusst werden. Durch die Verbindung von Blutdruckdaten mit anderen Vitalparametern in einem kleinen, leichten Im-Ohr Sensor könnte die Diagnosestellung und Überwachung von Patient:innen somit erheblich verbessert werden.

Projektziele

Im Rahmen von HEAR-MOTION wollen die Projektpartner ein robustes System entwickeln, das die kontinuierliche Messung von Sauerstoffsättigung und Blutdruck im Ohr von Patient:innen mit eingeschränkter Durchblutung ermöglicht. Die Blutdruckmessung basierend auf der PPG-Kurve im Earable könnte somit erstmals unabhängig von der Durchblutung der Extremitäten durchgeführt werden.

Entwicklung passgenauer Sensoren

Um Bewegungsartefakte und Streulicht – Hauptgründe für eine geminderte Signalqualität – zu beheben, werden neue Algorithmen und eine optimierte Sensorgeometrie entwickelt. Letztere ist maßgeblich von der individuellen Anatomie des/der Patient:in abhängig.
Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts ist somit die Untersuchung der anatomischen Variationen des Gehörgangs. Erstmals sollen mithilfe von Simulationen Ohrkappen entwickelt werden, die speziell an die unterschiedlichen Anatomien des Gehörgangs angepasst sind. Dies ermöglicht eine präzisere, robustere und komfortablere Messung. Zusätzlich werden bei der Entwicklung der Ohrkappen weitere Parameter wie die Hautfarbe berücksichtigt, um eine noch genauere und individuelle Anpassung zu gewährleisten.

Potenzielle Einsatzgebiete

Das zu entwickelnde Earable soll sowohl für die Echtzeitüberwachung von Notfallpatient:innen als auch für die Langzeitüberwachung eingesetzt werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der lückenlosen Überwachung von Patient:innen mit eingeschränkter Durchblutung in den Extremitäten (bspw. Sepsis, Verbrennungen oder Schock). Dies könnte die Diagnose, Therapie und Überlebensrate positiv beeinflussen.

cosinuss HAW Landshut

Foto: Am 30. April 2024 trafen sich die Projektpartner von cosinuss° und der HAW Landshut zum Kick-off Meeting in München (Dr. Michael Weber, Maximilian Reiser,
Prof. Dr. Andreas Breidenassel, Leo Lorenz).

Projektlaufzeit und Ausblick

Das HEAR-MOTION Projekt ist auf 24 Monate ausgelegt. Wir werden hier in den kommenden Monaten über Zwischenergebnisse und das Endresultat berichten.

Author

  • Melanie Schade

    M.A. Kommunikationswissenschaft und Online-Marketing-Expertin mit Schwerpunkt auf Gesundheits- und Wissenschaftskommunikation. // M.A. Communication Studies and online marketing expert with a focus on health and science communication.

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